Plusrallye organisiert Motor Klassik Oldtimer-Rallyetraining

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Das erste Oldtimer-Training, das Plusrallye organisierte, fand vor gut zehn Jahren am Nürburg-ring statt. Jetzt reiste man erneut für Motor Klassik los, in Attendorn gab es ein exklusives Training inklusive Fahrsicherheit mit dem mehrfachen Dt. Rallyemeister Matthias Kahle.

Wenn sie ihm sagt, dass es auf den Rhythmus ankommt und er dabei auf ihre Geräusche achten muss, ist man geneigt anzunehmen, dass die beiden alles Weitere besser unter sich ausmachen. Aber nicht an diesem windigen und kühlen Samstagmorgen auf dem Verkehrsübungsplatz in Olpe. Der Kreis der Zuhörer ist groß und für sie gibt’s nur andächtige Zustimmung, denn es geht um etwas Kompliziertes: ums Zählen.

Das richtige Zählen in einer Wertungsprüfung. Er fährt, sie zählt die Sekunden bis zum Ziel: drei, zwei, eins, null. Die Schwierigkeit: Wenn sie „null“ sagt, ist die Null genau genommen schon vorbei, ein Problem, denn heute geht’s um Hundertstel. Er soll deshalb auf das „N“ von „null“ achten. Peter Göbel, gemeinsam mit Matthias Kahle mehrfacher Deutsche Rallyemeister, kennt das Problem. Dieses und noch ein paar andere.

Zum Beispiel das „Rechts-Problem“: Irgendwo in der Pampa. Rechts dichtes Buschwerk und ein kleiner Graben, links in hundert Metern ein Abzweig. Sie mit Blick in die Karte: „Die Nächste rechts.“ Er: „Rechts??“ Sie blickt auf: „Ja, rechts, aber das andere Rechts.“ Glücklicherweise kennt Peter Göbel nicht nur die Probleme, sondern auch ihre Lösung. Und genau darum geht’s beim Motor Klassik-Rallyetraining an diesem Wochenende im Sauerland: Wer mit seinem Old- oder Youngtimer an Rallyes teilnehmen möchte, aber mit Begriffen wie Bordkarte, Roadbook, Chinesenzeichen, Zeitkontrolle oder Schlauchprüfung noch auf Kriegsfuß steht, bekommt Rat. Wie zum Beispiel den an alle Beifahrer, Zeiten immer nur gemeinsam mit dem Fahrer auszurechnen. „Man glaubt nicht“, sagt Göbel, „was dabei herauskommen kann, wenn Leute bei einer Rallye 12.43 Uhr plus 90 Minuten rechnen. Es ist besser, man macht das gemeinsam, dann sind am Ende beide Schuld, wenn etwas schief geht.“

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Und schief geht eigentlich immer etwas. „Wenn das Team ins Ziel kommt und sie auf die Frage „Wie war’s?“ nur einsilbig „ganz schön“ antwortet und er finster schweigt, ist es, so Göbel, „schon zu spät.“ Beim Motor Klassik-Training war aber auch für solche Situationen vorgesorgt. Zwischendurch gab’s Nervennahrung. Kuchen und Plätzchen nicht von Peter, sondern von Mutter Göbel. Überflüssig war das nicht, denn das Rallyetraining besteht aus Theorie, aber im Wesentlichen aus Praxis und das heißt fahren, fahren, fahren.

Am Samstagvormittag sind auf dem Verkehrsübungsplatz drei kurze Wertungsprüfungen mit Lichtschranke und Druckschlauch aufgebaut, die gefahren werden können, bis Arzt oder Kühler protestieren. So baut man Gefühl auf für jene Hundertstel, die man dann bei der anschließenden Rallye spart: Bei der ersten Wertungsprüfung bleiben die ersten Zehn immerhin deutlich unter der 50-Hundertstel-Marke. Für Anfänger gar nicht schlecht.

Der späte Nachmittag ist dann der Fahrphysik gewidmet, traditionell die Stunde, in der Helden geschaffen werden. Im Fahrsicherheitszentrum wird die Bewässerungsanlage in Betrieb genommen und eine gleitfähige und deshalb fahrwerksschonende Oberfläche erzeugt. Dazu die „Platte“, die die Fahrzeuge bei der Überfahrt mit der Hinterachse mit einer Seitwärtsbewegung in Drehung versetzt. Sie schlägt in drei Stufen: schwach, mittel und gemein. Für die Fahrer gilt: Wo kein ESP die Sache regelt, helfen nur die guten alten Reflexe und Tipps von Matthias Kahle, denn der ist vermutlich schon quer driftend auf die Welt gekommen. Aber es bleibt der Zweikampf Mensch gegen Platte, der zu richtig harter Arbeit werden kann: So wie für Dr. Ulrich Busch im Volvo P 1800, Baujahr 1963. Denn Volvo hat damals Lenkungen für Männer gebaut, die Elchdrücken als Hobby hatten.

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Am Sonntag steht dann die große Schleife durch das Sauer- und Siegerland auf dem Programm, eine richtige Rallye mit allen Gemeinheiten, die das Reglement so hergibt. Schnittfahren à la Histo Monte, verschachtelte Prüfungen, lange und kurze Wertungen. Dazu noch Motorsport ohne Motor, denn die Stempelkontrolle am Rhein-Weser-Turm befindet sich ganz oben, 113 Stufen hoch. Ein Problem, für das auch Peter Göbel keine Lösung hat, jedenfalls keine bequeme.

Weitere Infos:
> Link zur Motor Klassik Homepage


Text: Gunnar Steinbach, Redakteur
Fotos: Dirk Göbel