Plusrallye reist „Auf den Spuren der Rallye Monte Carlo“

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Eine besondere Tour organisierte Plusrallye für die Kunden und Freunde der "Feinen Cabrios".
Mit eigenen Autos erlebten die Gäste nicht nur die Highlights des Rallye-Klassikers, auch eine Mitfahrt an der Seite von Weltmeister Walter Röhrl im Porsche 911 RSR gehörte zum Programm.

Elf Käfer und drei Elfer reisten auf den Spuren der Rallye Monte Carlo. Eine Tour mit so viel Enthusiasmus und Frohsinn, dass selbst das übelste Tiefdruckgebiet des Jahres kapitulieren musste.

Ein alternder Engländer mag beim Aufbruch in den Urlaub Manches vergessen, seinen britischen Humor hat er aber immer dabei. Und so stoppt der rüstige Siebziger nebst Gattin bei der Auffahrt von La Bollène zum Col de Turini seinen Renault-Mietwagen neben dem Transporter mit den Rallye-Aufklebern dem Kamerateam: „Was meinen sie?“ fragt er den Erstbesten am Straßenrand. „Bei diesem Wetter sollte ich Slicks aufziehen, oder?“ Der Gefragte spielt den Ball umgehend zurück. Die Reifenwahl sei schon richtig, aber er solle einen Blick in den Rückspiegel haben, denn gleich käme Walter Röhrl in einem Porsche mit Schwung den Berg hoch. Der Herr von der Insel hätte einem Kraut so viel spontanen Witz gar nicht zugetraut, und er hat recht. Der Mann mit der Rallye-Weste meint es völlig ernst. Mit tiefer gelegten Kiefern wird das britische Ehepaar Zeuge, wie sich ein roter Elfer eilig die Kehren heraufschraubt, um die Ecke schießt, knapp das Kamerateam passiert und bellend um die nächste Ecke verschwindet. Innen arbeiten am Steuer zwei Weltmeistertitel und vier Monte-Carlo-Siege, auf dem Beifahrersitz hocken 48 Jahre. Achim Zimmer hat Geburtstag, und so hat Röhrls bessere Hälfte Monika für ein halbes Stündchen ihren Stammplatz hergegeben. Das Geschenk kommt an: „Mit 130 ist der auf die Kurven zu und rum. Der ist voll gefahren.“ Der Renn-RSR stammt eigentlich vom 1986er 24-Stundenrennen am Nürburgring. Röhrl entschuldigt sich: „Die Übersetzung ist viel zu lang.“

Dass er sich erst drei Wochen nach einer großen Mitfahraktion mit Audi schon wieder am 1607 Meter hohen Gipfel herumtreibt, liegt an Peter Göbel. Der Sauerländer becircte einst als Fan den Superstar mit Mama Christas Zitronenrolle eine historische Rallye mit ihm zu fahren suchte und fand in seinem Freund Röhrl den bestmöglichen Reiseleiter. Der sechsfache Histo-Monte-Sieger Göbel kennt die Provinz Alpes Maritimes wie seine Westentasche und ging seit einem Jahrzehnt mit der Idee einer geführten Ausfahrt auf den wilden Monte-Carlo-Prüfungen schwanger.

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Das kam Georg Memminger gerade recht. Der Mann, der sein Brot mit der Restaurierung und Aufrüstung von VW Käfern verdient, sah sich im Vorjahr bei einer Oldtimer-Rallye mit einem Grüppchen seiner Kundschaft ausgeladen. Zu viele Käfer, zu wenig original, klagte der Veranstalter angesichts von Zweieinhalbliter-Motoren mit über 200 PS, verstärkten Querlenkern, ABS, verzinkten Türen oder Bixenenon-Scheinwerfern. Memminger zog seine Armada zurück und ließ Göbel Plan B ausarbeiten: „Man müsste eine Fahrt ohne Wettbewerbsstress machen.“

Seinem Ruf folgten rund zwei Dutzend Boxer-Freunde, auf drei Lastwagen rollten elf Käfer und drei Porsche nach St.Paul de Vence, wo der sizilianische Besitzer des Hotel Le Hameau der autobegeisterten Kundschaft stolz seine Schätze von Mercedes SLK bis Lamborghini Diablo zeigt. „Dabei sieht der gar nicht wie ein Mafioso aus“, sagt eine der Damen. Memminger nickt: „Das ist doch immer so. Schaut mich an.“

Der umtriebige Bayer holte einst mit Ingenieurs-Legende Roland Kussmaul wichtige Punkte für Porsche in der Sportwagen-WM. Das 911-Cabrio, dass man ihm in Zuffenhausen zum Dank im Leder seiner Wahl ausschlagen ließ, ließ Memminger ebenfalls nach Süden bringen, damit der alte Spezi Kussmaul mit seiner Frau ebenfalls ein bisschen Spaß hat. Röhrl, wie Kussmaul Rentner im Unruhestand, kokettiert mit dem Alter und warnt: „Die erste Pinkelpause ist erst nach 41 Kilometern.“ Kussmaul kontert: „Dann fahr ich nicht mit.“ Reiseleiter Röhrl hält kurz hinter dem Col de Bleine und geht kurz für kleine Monte-Sieger. Kussmaul erzählt derweil, wie er mit Jürgen Barth bei einem Monte-Training hier oben im Schnee feststeckte, sich auf der Rückfahrt nach wildem Schaufeln und Schieben den verschwitzten Overall vom Leib riss und in Unterhose durch die Hotellobby schritt. „Splitternackt dem Tod entronnen“, titelte damals der mitgereiste Kollege der Böblinger-Bildzeitung.

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In der atemberaubenden Schlucht von Aiglun mit ihren zwei Tunneln, der halsbrecherischen Brücke über den reißenden Fluss und den überhängenden Felswänden zücken die Reisenden ihre Kameras, fotografieren den Besenwagen vom Typ VW Polo und versuchen sich vorzustellen, es wäre ein zwei Meter breiter Gruppe-B-Quattro mit meterlangem Feuerschweif. Wenig später hinter Sigale geht beim ersten das Feuer aus. Irgendwie sollten alle voll getankt sein, aber im 79er Käfer Cabrio von Christoph von Tessin herrscht Ebbe. Flugs eilt Krisenmanager Memminger zurück und schwatzt einem Bauern für 100 Euro einen Zwanzigliter-Kanister samt Schlauch ab. In Puget Theniers fällt die Truppe an der Tankstelle ein und pumpt in einer Viertelstunde 300 Liter Super Plus ab. Es geht das Gerücht um, die selige Pächterin wäre danach umgehend zum Casino nach Monaco aufgebrochen.

Im Var-Tal warnt Organisationschef Göbel vor einer Polizeikontrolle. Das weckt in Uniformallergiker Röhrl unangenehme Erinnerungen. Hier hat er mal eine durchgezogene Linie überfahren, weil Fans vor mir die Straße blockierten. Die Flics wollten dennoch kassieren. Der trutzige Bayer ärgert sich noch heute: „Ich wäre glatt ins Gefängnis gegangen, aber der Geistdörfer hat heimlich gezahlt.“

Zählt man die jährlichen Regentage, protzt Monaco mit nur deren 20. Heute ist so einer. Der Himmel zieht sich zu und viele auch die Dächer ihrer Cabrios. Schwere Wolken entleeren sich auch am nächsten Tag. In Monte Carlo stürmen drei Meter hohe Wellen die Kaimauern. Auf den Bergsträßchen von Appricale über Bajardo nach San Romolo,1975 Prüfungen der Monte, laufen Bäche über die Straße. Im Röhrlschen Renn-Porsche beschlägt die Scheibe. „Ich seh nix, aber ich weiß ja wo es hingeht“, meint er lapidar. Trotz Rigatoni al Pesto und Raviolo Salsa Aurora im berühmten Restaurant Dall’Ava ist die Stimmung gedrückt. Eigentlich war eine Mitfahrt mit dem großen Meister vorgesehen, bei dem Sauwetter winkt Röhrl ab. Mit einem Sport Quattro hatte er einen Kilometer von hier auf einer Pfütze den heftigsten Abflug seines Lebens. „Das brauche ich nicht noch mal.“

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Zwischen Saltimbocca und Stachelbeertorte geschieht das Wunder. Der Himmel reißt auf, der Wind bläst die Straße trocken, und Röhrl bläst mit 380 PS bis Tempo 160 mit allen Gästen über die gesperrte Fünf-Kilometer-Prüfung, und er wäre ja nicht der Röhrl, wenn er nicht die Stoppuhr dabei hätte. Schweißgebadet vermerkt er nach 110 WP-Kilometern zufrieden: „Mit zwodreißig habe ich angefangen. Zum Schluss waren es einsfünfzig.“

Text: Markus Stier

> Hier geht es zur Tour-Fotoshow "Auf den Spuren der Rallye Monte Carlo"

Fotos: Daniel Roeseler, Jan Wildelau, Peter Göbel